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42. Treffen des FCBD


Wo liegt eigentlich Braunfels?

Das fragten sich die Teilnehmer des diesjährigen Pfingsttreffens des Freundeskreises Chilenischer Burschenschaften in Deutschland, die von den Mayordomos Erica und Claus Penschke dahin eingeladen wurden. Obgleich wir mehrheitlich schon lange in Deutschland leben, kennen wir natürlich nicht jedes 12.000 – Einwohner – Städtchen in einem Land mit 82 Millionen Einwohnern.
Und alle fanden es, die meisten am Pfingstsamstag zum traditionellen Asado, ein paar kamen etwas später dazu. Es waren wieder um die 80 Teilnehmer, die sich bei der großen Begrüßungsarie in den Armen lagen, nachdem man sich ein Jahr lang nicht gesehen hatte. Die mitgebrachten Salate, Weine und Kuchen wurden abgeliefert und der Grill in Gang gesetzt.
Es war für alle gesorgt, besonders auch für die jüngere Generation, die in erstaunlich großer Zahl gekommen war. Das verdanken wir den  Mayordomos und auch Ihren Kindern Alexandra und Jürgen sowie dem Schwiegersohn und der Schwiegerfreundin. Sie haben die Werbetrommel kräftig gerührt und waren auch während des Treffens ununterbrochen im Einsatz. Das gibt Hoffnung für die Zukunft, da die Gründergeneration so langsam „in die Jahre kommt“.
Nach ausgiebigem Essen und Trinken – übergangslos vom „asado“ über Kaffee und Kuchen bis zur Gulaschkanone am Abend – fuhren wir in unsere Unterkünfte, das Parkhotel Himmelreich und das Schlosshotel Braunfels. Der ganze Nachmittag war gefüllt mit guten Gesprächen, Spaziergängen, z. T. mit etwas Regen, Kinderspielen und vielem mehr. Ein Tierpark mit Wildschweinen, Rehen, Hirschen und anderem Getier in der Nähe sorgte zusätzlich für Abwechslung.
Der Sonntag, der traditionsgemäß der Kultur und/oder der Natur gewidmet ist, begann mit einem ausgiebigen Frühstück und ging dann mit einem Altstadtrundgang und einer Schlossbesichtigung unter sachkundiger Führung weiter. Besonders das Schloss hat es uns angetan: Hier residierten seit über 700 Jahren die Grafen und späteren Fürsten zu Solms-Braunfels, Herrscher über eine der vielen kleinen reichsunmittelbaren Grafschaften in den Zeiten der Kleinstaaterei in Deutschland.
Einige wichtige Persönlichkeiten entstammten der Familie, wie zum Beispiel Graf Bernhard III. (1468 – 1547) der kaiserlicher Rat bei Maximilian I. von Habsburg war oder  Amalie (1602 – 1675), die mit Heinrich von Oranien verheiratet war und so zur Stammmutter vieler europäischer Fürstenfamilien wurde, so auch des holländischen Königshauses. Sie war Schwiegermutter des Großen Kurfürsten und Großmutter König Wilhelms III. von England.
Ein gewaltiger Einschnitt in die an sich schon wechselvolle Geschichte der Grafschaft war, wie in den meisten Ländern Europas, der Dreißigjährige Krieg. Nach mehrfachen Eroberungen und Besatzungen von Schloss und Stadt sowie großen Bevölkerungsverlusten infolge Pestepidemien gelang es Graf Johann Albrecht von Braunfels durch Friedensvertrag mit Kaiser Friedrich III. während des Krieges im Jahre 1641 Neutralität für sein Land zu erreichen, die die Basis für großen wirtschaftlichen Aufschwung unter seinem Sohn Heinrich wurde.
1742 wurde Graf Friedrich Wilhelm durch Kaiser Karl VII. in den erblichen Reichsfürstenstand erhoben, allerdings verlor sein Enkel 1806 als Folge der napoleonischen Kriege die reichsunmittelbare Stellung des Fürstentums, das 1815 zum Königreich Preußen kam. Wirtschaftlich ging es jedoch weiterhin gut, und nachdem Anfang des 20. Jahrhunderts die Familie im Mannesstamm erlosch, wie man so schön sagt (les salió uno chancletero) wurde ein gräflicher Schwiegersohn Chef des Hauses, dessen Sohn heute mit seiner Familie dort lebt und den Besitz verwaltet.
Das Schloss, einst eine kleine Schutzburg, veränderte im Lauf der Jahre sein Erscheinungsbild mehrmals. !880 erhielt es seine unverwechselbare Silhouette mit seinen vielen malerischen Türmen und Erkern. Im Inneren zeugen Turnier-, Kriegs- und Jagdwaffen, Gemälde, Gobelins und Skulpturen, eingebunden in zeitgenössisches Mobiliar, von der Sammelleidenschaft seiner Bewohner.
Nach einem kleinen Imbiss ging es am Nachmittag per Bus zu der einzigen Calcit-Kristallhöhle Deutschlands in Kubach/Hessen. 360 Stufen hinab in Erde (und dann wieder hinauf!) sind nicht jedermanns Sache, weshalb die Mayordomos alternativ die Besichtigung des Barockschlosses in Weilburg angeboten hatten.
Die Führung in die Höhle wird von ehrenamtlichen Mitgliedern des Höhlenvereins oder von Oberstufenschülern  durchgeführt. Man erfährt viel Interessantes aus der Geologie und der Mineralogie und kann sich faszinieren lassen von den überall glitzernden Kristallen, den Perltropfsteinen, der über 30 Meter hohen Südhalle und dem „Dom“ mit seinem Domsee. 350 Millionen Jahre alt ist der Kalkstein der massivern Felswände links und rechts. Die Entdeckung der Höhle im Jahr 1974 beruht auf einer Geschichte, die sich die Kubacher seit Generationen erzählten, dass es nämlich eine prächtige Tropfsteinhöhle gäbe, deren Lage nach Aufgabe des Bergbaus im 19. Jahrhundert vergessen wurde. Stattdessen fanden sie durch Probebohrungen diesen riesigen Hohlraum aus der Eiszeit. Zurück in der Oberwelt kann man das Höhlenmuseum mit seinen bunten Mineralien, einer Schau über den Bergbau in der Region und Details  zu der Höhle bestaunen.
Nach der Rückfahrt in die Hotels und einer kurzen Ruhepause wurde es Zeit, sich ein wenig „in Schale zu werfen“, um gegen 19 Uhr bei strahlender Abendsonne – nachdem es nachmittags teilweise geregnet hatte – zum Haus des Gastes zum Sektempfang zu gehen. Anschließend ging es zum Abendessen in der Braunfelser Bürgerstube, wo festlich gedeckte Tische mit abwechselnd blau-weiß-roten Servietten für chilenische Stimmung bei einem üppigen Buffet der gehobenen deutschen Küche sorgten. Es wurde wieder mal sehr spät!
Am nächsten Morgen traf sich bei Nieselregen noch eine größere Gruppe in der Grillhütte zum Katerfrühstück, um sich für die Reise mit ein paar Würstchen vom Grill, den restlichen Salaten und einem guten Glas … nein, nicht Bier oder Wein sondern, zumindest für die Autofahrer … Wasser oder Saft zu stärken und sich für das nächste Jahr in Sachsen mit dem Unterzeichner als Mayordomo zu verabreden. Wer übrigens Lust hat, kann sich viele Fotos von dem Treffen auf der Webseite www.fcbd.de, die Jürgen, der Sohn des Mayordomos dankenswerterweise eingerichtet hat, anschauen.

Alfred v. Reiswitz
Buchholz

 

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